Mittwoch, 26. August 2009

Martin Blumenau zum Thema "EXIL-JUDEN"

So etwas wie einen "Exil-Juden" gibt es nicht. Über ein krasses Versagen der österreichischen Medien, die sich wieder einmal einen populistischen Trick in ihren Wortschatz reden ließen, ohne ihn zu hinterfragen.

Diese Geschichte, die ich vorgestern noch vermeiden wollte, ehe ein Twist sie auf eine neue Ebene hievte, ist Teil der unregelmäßigen, aber leider notwendigen Serie 2009, das Jahr, in dem Österreich kippt.

Nun ist Hanno Loewy also weder Amerikaner, noch im Exil.
Vom Wahlkampf-Spruch, der vom Vorarlberger FP-Chef strategisch so gesetzt wurde, damit das abendliche TV-Sommergespräch mit FP-Oberchef Strache ein heißes Thema haben sollte, bleibt also nur ein Stück Wahrheitsgehalt über: Loewy ist Jude. Das ist es, was überbleiben soll: Jude.

Auch das ist eine wichtige Botschaft.
Denn es kann nicht sein, sagen Egger, und Strache echot das, dass "so einer" sich in innerösterreichische Angelegenheiten einmischt.
Mit "so einer" ist offiziell der Nicht-Österreicher gemeint, aber zwischen den Zeilen "zwinkerzwinker" geht es wieder nur darum, ihn auszustellen: den Juden.

So weit, so wenig interessant. Es geht in erster Linie darum, ein bislang wenig beachtetes lokales Potential zu aktivieren - für die Vorarlberger Landtagswahl am 20. September.

Dass der Sager in seinem Kern antisemitisch ist, ist auch unbestritten. Es formieren sich bereits Facebook-Protestgruppen, die SPÖ sieht die Zeit gekommen, ihre Abgrenzungs-Politik jetzt zu positionieren - alles geht den erwartbaren Gang.

Pejorationen und Umdeutungen

Was mich heute unrund macht, ist etwas ganz anderes.
Nämlich die wie selbstverständlich von allen zur Kenntnis genommene plötzliche Sprach- und Umdeutungshoheit. FP-Chef Strache hatt diesen Cross gestern abend aufgenommen und wahrscheinlich gescort.

Ich meine da nicht sein hervorragendes Image-Setting über den Begriff der "Bürger-Wahrheit", einer Art Real-Ausweitung der Volks-Herrschaft via Krone-Leserbrief, sondern die Idee einer sehr schlichten, auf Bauchgefühl fußenden Plebiszit-Mehrheit, die herkömmliche politische Entscheidungsprozesse ablösen soll.

Ich meine auch nicht seine Selbstdarstellung als "Alarmanlage" der Republik - die interessante Parallelen zu anderen, eigentlich unabhängig von der FPÖ entwickelten Thesen aufweist. Die Security-Demokratie steht wie gesagt ante portas.

Ich meine damit ebensowenig seine sehr bewusste Erwähnung der Republik "Deutsch-Österreich" als Anknüpfungspunkt für das Österreich-Verständnis der FPÖ - man beachte auf der hier auch zu sehenden Karte vor allem die Gebietsansprüche, die diese kurzlebige Nachkriegs-Totgeburt hatte, ehe die Verträge von St.Germain 1919 das heutige Österreich definierten.

Ich meine damit auch nicht die immer genau am Rand des Sagbaren abgeführten Pejorationen und bereits erfolgten Umdeutungen.

Das Konstrukt des "Exil-Juden"

Ich meine den völlig neu eingeführten und umgedeuteten Begriff des "amerikanischen Exil-Juden".

Bislang war das, der "Exil-Jude" ein Begriff, den z.B. Uri Avnery in seinem Traktat Wenn ein Esel einen anderen Esel Langohr schimpft so erklärt: "Ein äußerst verächtlicher israelischer Terminus für einen Juden im Ausland, einen professioneller Schnorrer, der es für eine große Ehre hält, ihn zu unterstützen."

Denn: nach beiden Definitionen dessen, was "ein Jude" ist, ist der Begriff des "Exil-Juden" eben nur von Israel aus anwendbar. In der religiösen Tradition, in der man sich auf das historische Volk der Israeliten bezieht, ebenso wie in der weltlichen Realität, die sich in einer Bestimmung des Staates Israel ("Jeder Jude ist berechtigt, in das Land einzuwandern.") niederschlägt.

Die Sache mit der Vertreibung und dem babylonischen Exil hat eine völlig andere Begrifflichkeit: die der Diaspora.

Es gibt also, von Österreich aus gesehen, so etwas wie einen "Exil-Juden" nicht. Auch keinen amerikanischen Exil-Juden. Ein Frankfurter, der in Hohenems jobbt, ist das alles nicht. Er ist Deutscher. Nicht Deutsch-Österreicher mit Bekenntnis zur deutschen Nation wie Strache, das ist nur was Ähnliches.

Bruno Kreisky war kein Exil-Jude

Der Begriff ist also fehl am Platz und falsch eingesetzt.
Strache hat dafür dann auch noch - auch sehr bewusst und geplant - Bruno Kreisky reingezogen, den er oft bemüht, wenn er sozialpolitisch argumentiert (als ob sich die 70er mit dem Heute so einfach vergleichen lassen würden).

Strache wörtlich, zum Thema Einmischungen von "Nicht-Österreichern" in innerösterreichische Angelegenheiten: "Das hat auch Bruno Kreisky immer zurückgewiesen, und Bruno Kreisky war auch Exil-Jude und war stolzer Österreicher, und er hat das auch zurecht zurückgewiesen."

Diese Aussage ist falsch.
Bruno Kreisky war genauso wenig wie abertausende andere Österreicher, die vom Nazi-Terror enteignet und vertrieben wurden, die rechtzeitig flüchten konnten, um so ihrer flächendeckenden Ermordung zu entgehen, ein "Exil-Jude", sondern Exil-Österreicher.

Exil ist ein politischer und kein religiöser Begriff.
Eine Religion, eine Einstellung kann kein Exil haben.
Und ein jüdischen Staatsvolk gab es damals noch nicht - es gibt es im übrigen heute wiederum nicht mehr: Israel ist mittlerweile weit mehr als ein monotheistischer Staat, einem radikalen Zionismus zum Trotz.

Es gibt keine Exil-Juden

Der Begriff "Exil-Jude", sagt Strache wörtlich, "ist kein Schimpfwort, sondern eine sachliche Feststellung."
Eine Feststellung, die allerdings genau nichts bedeutet.
Weil es so etwas wie einen Exil-Juden nicht gibt.
Es gibt auch keine Exil-Katholiken. Nicht einmal Lefebvre wäre einer.

Der Dalai Lama etwa ist kein Exil-Buddhist, sondern ein Exil-Tibeter.

Der Begriff "Exil" bedingt eine Nation. Eine Religion, also innerer Spiritualismus, kennt keine Grenze.
Selbstverständlich werden immer wieder Menschen aus religiösen Gründen ins Exil vertrieben, es kann allerdings nur ein geografisches sein.
Es gibt kein religiöses Exil.

Im Sommergespräch meinte Strache auch: "Wir haben sehr viele Juden bei uns in unserer Partei, als Funktionäre, Mitarbeiter und auch als Mandatare, die sehr stolz darauf sind, jüdischen Glaubens zu sein."
Etwas, was die FP-Fans im Neonazi-Netzwerk
Thiazi wohl nicht begeistern wird.

Daraus folgt also, dass die Sager der FP-Granden Egger und Strache den Begriff des "Juden" nicht religiös definieren, sondern anders.
Als Volk?
Oder gar als "Rasse"?
Und wie ist Straches Bekenntnis "Es ist vollkommen gleichgültig, was jemand für eine religöse Einstellung hat." einzuordnen? Sagt er das als "Rapper, als Künstler mit dem Recht auf Überzeichnung" oder als Mandatar?

Der Dalai-Lama ist kein Exil-Buddhist, sondern Exil-Tibeter

Klar, das mediale Echo transportiert viel Aufgeregtheit und Empörung und Widerspruch.
Und klar, Journalismus versteht sich, zumal in Österreich, fast ausschließlich als Zitate-, Meinungs-Wiedergeber und selten als Auseinanderdrösler, Analysierer und Aufheller - dafür holt man sich maximal einen Experten und meidet es, meist aus Angst vor Geldgebern, der eigenen Courage oder davor, dass man sich ja auch irren kann, wenn man etwas behauptet, Dinge in ihrem Kern zu durchleuchten.

Selbst die wehrhaftesten Kommentatoren übernehmen deshalb die falsche Begrifflichkeit, mit der die FPÖ ein Bild prägt, sei es absichtlich oder aus Versehen.
Ein Feindbild, einen Einmischer von außen, Ostküste, Jude, Bad Banker und Spekulant, Waldheim-Watchlistsetzer usw., alte Klischees mit einem neuen Begriff zusammengefasst.

Kluge Demagogen können aufgrund der strukturellen Harmlosigkeit der heimischen Medien mit einer kritik- und klaglosen Übernahme eines gesetzten Schlagworts rechnen.
Strache hat etwa im Sommergespräch die spezielle "Plakat-Sprache" seiner Bewegung hervorgehoben: Was dort via Daham statt Islam oder Abendland/Christenhand funktioniert, kommuniziert und in den Sprachgebrauch übergeht, gilt auch für auffällige Sager aller Art.

Die Medien als Copy/Paste-Anstalt ohne eigenen Gedanken

Mit der eilfertigen und unüberprüften Übernahme von mit neuen Gefühligkeiten aufgepimpten Begriffen macht sich die österreichische Mediengesellschaft mitschuldig an deren Verbreitung; in diesem Fall mitschuldig an der Einführung des Neo-Schimpfworts "Exil-Jude", eines Konstrukts, das nicht zufällig an den Mythos von Ashaver, den Ewigen Juden und seine NS-Verarbeitung erinnert.

Im übrigen harren auch die Begriffe der "Bürger-Wahrheit" und der "Alarmanlage der Nation" noch einer intensiven Beschäftigung; im Mainstream.

Und beteiligt sich damit auch an dem, was Hanno Loewy das Ausleben von Vertreibungsfantasien nennt.

Es ist nicht der Populismus, der Böses anstellt.
Denn der ist ein Fähnchen im Wind, schwenkt aufgrund seines systemimmanenten Hinterhechelns immer auf die Linie der potentiellen Mehrheit.
Es sind die, die's zulassen.
Und in diesem heutigen Beispiel sind es die einen völlig verkehrten Begriff brav abnickenden und somit kanonisierenden Medien - der Wiki-Eintrag für "Exil-Jude" kommt sicher demnächst.


Martin Blumenau / FM4.AT


Mittwoch, 19. August 2009

Die 10 größten Irrtümer in der IT

Große und wichtige High-Tech-Deals kommen nicht zu einem Abschluss. Vielversprechende neue Produkte und Dienste erblicken nie das Licht der Welt. Warum das so ist? Manager und Unternehmen erkennen die Potenziale nicht oder lassen sich große Chancen durch die Lappen gehen. Hier ein kleiner Überblick über jene Entscheidungen, die viele Manager wohl gerne wieder rückgängig machen würden.

Yahoo und Facebook

Im Jahr 2006 will Yahoo das zwei Jahre alte Facebook übernehmen. Mark Zuckerberg, Gründer von Facebook, erhält ein Angebot über eine Milliarde Dollar. Doch kurz vor dem Abschluss kommen finanzielle Schwierigkeiten auf Yahoo zu. Das Angebot wird auf 800 Millionen reduziert. Zuckerberg lehnt ab, zwei Monate später wird das Angebot wieder auf eine Milliarde erhöht - da ist es aber bereits zu spät.

"Der iPod wird kein Erfolg"

Auch wenn es vielleicht viele Leute glauben mögen, Steve Jobs hat den iPod nicht erfunden. Es war Entwickler Tony Fadell. Fadell konnte sein Konzept weder bei seinem früheren Arbeitgeber Philips noch im Jahr 2000 bei Real Networks umsetzen. Beide Unternehmen glaubten nicht an sein Konzept aus Player und Contentsystem. Bei Apple fand der Entwickler schließlich Gehör und arbeitete bis 2008 bei Apple.

Die DVD-Nachfolge

Sony und Toshiba entschieden sich, lieber gegen- als miteinander an einem DVD-Nachfolger zu werken. Blu-ray vs. HD-DVD beschäftigte einige Zeit die IT-Welt. Der Erfolg? Milliarden Dollar wurden verpulvert, die KundInnen verunsichert und auch heute werden ungleich mehr DVDs verkauft als Blu-rays. Und schon kündigt sich die Zukunft in Form von Streaming Media und Video on Demand an.

Digital Research: Das andere Microsoft

Ein echter Klassiker aus dem Jahr 1980. IBM suchte ein Betriebssystem für seinen brandneuen IBM-PC. Microsoft war nicht die erste Wahl, sondern - auf Vorschlag von Bill Gates - Gary Kildall von Digital Research, Entwickler des CP/M-Betriebssystems. Die Legende besagt, dass Kildall, da er gerade in Verhandlungen mit anderen Kunden war, seiner Frau die Verhandlungen mit IBM überließ. Ihr gefielen einige Punkte des IBM-Vorschlags aber nicht und so wurde nichts aus dem Deal. IBM ging zurück zu Microsoft und so lieferten Gates und Mitbegründer Paul Allen MS-DOS, entwickelt basierend auf Tim Patersons QDOS (the Quick and Dirty Operating System), das seinerseits selbst auf CP/M fußte. IBM lieferte nun Microsofts DOS für 60 Dollar und auch eine Version von CP/M für 240 Dollar aus. Das billigere Produkt setzte sich durch, der Rest ist Geschichte.

Xerox, der Alto und Apple

Mehr als zehn Jahre vor Apple Macintosh und den Windows PCs - ja sogar noch vor dem MITS Altair, entwickelte Xerox den "Alto", den ersten Rechner der Welt mit einem Fenster-basierten grafischen Interface. Der Alto verfügte über eine Maus und Ethernet und einen "what-you-see-is-what-you-get" (WYSIWYG) -Textprozessor. Der Alto wurde in rund 1000 Stück produziert und an Universitäten ausgeliefert. Doch dann entschied man sich bei Xerox für einen anderen Weg. Steve Jobs besuchte 1979 das Unternehmen sah den Alto und integrierte zahlreiche Features in den Apple Lisa und folgende Macs. Xerox erkannte seine Versäumnisse und reagierte mit dem Xerox Star - aber auch hier war man danach zu spät am Markt.

Die Musikindustrie oder wie sie die Welt sieht

Seit zehn Jahren können Internet-AnwenderInnen der Demontage der Musikindustrie zusehen. Damals, im Jahr 1999, erklärten die Labels Napster den Krieg, ohne jedoch selbst ein sinnvolles Geschäftsmodell für den Online-Handel bereit zu haben. Napster CEO Hank Barry versuchte die Musikindustrie zu überzeugen, dass man sich auf ein Bezahl- und Rechtemodell ähnlich der damals gültigen Radiorechteverwertung einigt. Er stieß auf taube Ohren. Die Napster-Fans wanderten zu Gnutella und Grokster ab. 2000 startete MP3.com - ein Dienst, der es ermöglicht, dass registrierte UserInnen Lieder ihrer privaten CD-Sammlung uploaden und dann als Stream über unterschiedliche PCs abspielen konnten. Auch hier klagte die Musikindustrie und MP3.com verschwand. Dann begannen die Verfahren gegen Grokster, Morpheus, Kazaa und tausende "Musikpiraten". Heute ist man dort, wo man 2000 schon hätte starten können - bei Streaming-Services und Partnermodellen.

Compuserves Ende

Compuserve hat es geschafft sich von einem absolut dominanten zu einem mehr oder weniger unwichtigen Teil des Internet zu "mausern". In den frühen 90er Jahren hatte Compuserve eine etablierte, große UserInnen-Basis und unglaubliche Mengen an KundInnendaten. Während Compuserve in seinem Elfenbeinturm schlummerte und sich nicht den Trends der Zeit beugen wollte, kam AOL und weg war das Geschäft. 1997 kaufte AOL seinen ehemaligen Konkurrenten und drehte im Juni den Hahn endgültig zu.

Craigslist.org und die Zeitungen

Vor gar nicht allzu langer Zeit waren es die Kleinanzeigen, die den Zeitungen große Umsätze brachten, dann kam Craiglist und das kostenlose Internet und weg war der Kuchen. Dabei war es 2005 fast soweit, dass ein US-Zeitungskonsortium Craiglist aufgekauft hätte. Die Gefahr wurde unterschätzt, der Preis für zu hoch angesehen und der Rest ist Geschichte.

Open Text - die Zeit vor Google

Ja es gab sie, die Zeit vor und ohne Google. Mitte der 90er Jahre schickte sich eine Suchmaschine an die WWWelt zu verändern - es war der "Open Text Web Index". Er war schnell, genau und seiner Zeit voraus. 1995 teilten die EntwicklerInnen mit, dass jedes Wort in den fünf Millionen Dokumenten im Netz indiziert worden sei. Damals integrierte Yahoo den Index in seine Suche und dann? Zwei Jahre später war Alles anders. Open Text wechselte von der Suche zum Enterprise Content Management. Ein Jahr später kam Google.

Die Rettung des faulenden Apfels

Über diesen Punkt werden wohl die meisten UserInnen diskutieren: Microsofts Rettung von Apple. Vor zehn Jahren war Apple in ernsthaften Problemen. Die Mac-Verkäufe erreichten ein historisches Minimum. vor allem wegen billigerer Klone von Power Computing und Radius. Dem Unternehmen ging das Geld aus, die Aktien fielen in den Keller. Doch dann kam der rettende Geldsegen: Microsoft butterte 150 Millionen Dollar in Apple. Das Unternehmen konnte überleben und sich mit dem iPod wieder in ungeahnte Höhen katapultieren. Ob eine Welt ohne Apple besser wäre? Wahrscheinlich hätte man dann heute seine liebe Not mit WinTunes auf den WinPhones. Der Online-Musik und-Videomarkt würde stagnieren, oder schlimmer, er würde von Hollywood kontrolliert und auch echte Alternativen zu Windows wären dünn gesät.

DerStandard.at

OGH Urteil: Freie Fahrt für Raubkopierer?

Provider dürfen Nutzerdaten gar nicht speichern, momentan jedenfalls
Der Oberste Gerichtshof hat wie berichtet entschieden, dass Provider bei Anfragen durch die Verwertungsgesellschaften der Musik- oder Filmindustrie nicht verpflichtet sind, die Adressdaten von Nutzern, denen Urheberrechtsverletzung vorgeworfen wird, herauszugeben. Es scheint so, als ob nun das Ende der Verfolgung von Filesharern gekommen sei. Doch mit der Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung könnte sich der Spieß wieder umdrehen.


Das Urteil des OGH steht am Ende eines langwierigen Prozesses zwischen dem Provider Tele2 und der Verwertungsgesellschaft LSG Wahrnehmung von Leistungsschutzrechten GesmbH. Die Herausgabe von Personendaten, die mit dynamischen IP-Adressen in Verbindung stehen, ist demnach nicht zulässig. Der Hintergrund: um dynamische IP-Adressen einer Person zuordnen zu können, müssten Provider die Verkehrsdaten speichern und das ist nach aktueller Rechtslage illegal. "Selbst wenn sie tatsächlich gespeichert werden, dürfen sie nicht herausgegeben werden, weil sie illegal gespeichert sind", streicht Jurist Franz Schmidbauer auf seiner Homepage heraus.

"Aushöhlung des Urheberrechts"

Andreas Manak, Rechtsberater des Vereins für Antipiraterie, nimmt das Urteil mit gemischten Gefühlen auf: "Der OGH hat - für mich etwas überraschend - die Löschungspflicht gemäß § 99 TKG über die Auskunftspflicht nach § 87b UrhG gestellt. Das hat zur Folge, dass Filesharer defacto nicht mehr ausgeforscht werden können, wenn sie über dynamische IP-Adressen mit ihrem Provider verbunden sind." Manak meint aber, der OGH habe festgestellt, dass dieses Ergebnis zu einer "Aushöhlung des Urheberechts" führe, das im Zuge der Umsetzung der Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung behoben werden sollte.

Vorratsdatenspeicherung

Mit dem aktuellen OGH-Urteil ist das Thema Filesharing also noch lange nicht abgeschlossen. Denn die für Herbst erwartete Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung krempelt wieder alles um. Ab dann müssen die Verbindungsdaten gespeichert werden. Ob Filesharer dann aber auch ausgeforscht werden dürfen, wird von der Formulierung der TKG-Novelle abhängen, schreibt Schmidbauer. "Wenn dort eine starke Zweckbindung angeordnet wird - Speicherung nur zur Verfolgung schwerer Straftaten -, könnte eine Herausgabe bei bloß leichten Straftaten (wie Urheberechtsverletzungen) weiterhin unzulässig sein", meint der Experte.

Speicherung nicht nur bei Terrorismus

Der OGH habe aber schon durchblicken lassen, dass es nicht unbedingt eine strenge Zweckbindung geben müsse. Franz Medwenitsch, Geschäftsführer des Verbandes der österreichischen Musikwirtschaft (IFPI Austria) und bei der LSG zuständig für die Produzentenverrechnung hebt aus dem OGH-Urteil gegenüber dem WebStandard hervor, dass es den Mitgliedsstaaten laut Europäischem Gerichtshof freistehe, "die Speicherung und Verarbeitung von Verkehrsdaten auch für Auskünfte wegen Urheberrechtsverletzungen zu erlauben, und zwar unabhängig von den Regelungen der Vorratsdatenspeicherung-Richtlinie. D.h., die Zweckbestimmung der Vorratsdatenspeicherung-RL auf schwere Strafdaten steht dem nicht entgegen." Medwenitsch sieht darin eine wesentliche Aussage in der Urteilsbegründung, die Argumenten widerspreche, die eine Vorratsdatenspeicherung "nur zur Bekämpfung von Terrorismus und anderen schweren Straftaten erlauben wollen."

"Wichtigste Entscheidung zum Internet"

Natürlich könnte die Unterhaltungsindustrie auch durchsetzen, dass für Urheberrechtsverletzungen wieder ein Ermittlungsverfahren eingeführt wird, das 2008 für Privatanklagedelikte gefallen ist. Doch Schmidbauer hält dies aufgrund des Aufwands nicht für wahrscheinlich. Der Jurist sieht das OGH-Urteil als eine der bisher wichtigsten Entscheidungen zur Rechtslage im Internet überhaupt. Die Bedeutung gehe über das Filesharing hinaus, denn es gehe um die Frage, "unter welchen Voraussetzungen die in der Praxis so wichtige Anonymität des Internetusers aufgehoben werden darf."

Vorbild Deutschland

Österreich muss nun eine EU-konforme datenschutzrechtliche Grundlage für den Umgang mit Urheberechtsverletzungen im Web schaffen. Sowohl Medwenitsch als auch Schmidbauer sehen die deutsche Regelung dafür als mögliches Vorbild. In Deutschland entscheiden Zivilgerichte über einen Auskunftsanspruch. Für Schmidbauer sei eine gerichtliche Entscheidung ohne Strafuntergrenze immerhin besser als Provider in die "Polizeirolle" zu drängen.

Man kann wohl davon ausgehen, dass "Piraten" mit dem OGH-Urteil nun nicht Tür und Tor zum illegalen Filesharing geöffnet wurde. "Eine kalte Enteignung der Urheber im Internet erwarte ich nicht. Das würde allen rechtsstaatlichen Prinzipien und sicher auch dem vom EuGH vorgegebenen Ausgleich der Grundrecht widersprechen", so IFPI-Geschäftsführer Medwenitsch.

(Birgit Riegler/ derStandard.at, 18. August 2009)

Freitag, 7. August 2009

Ungesetzliches Jugendlichenvertreibungspfeiferl


Foto: STANDARD/FischerStörende Teenies und Früh-Twens werden in Attnang-Puchheim mittels "Mosquito Sound System" vom Schlossplatz ferngehalten. In Wien gelang es Kinder- und Jugendanwalt Anton Schmid, einen Sexshopbesitzer von der rechtswidrigen Praxis abzubringen. 

Probleme zwischen Jungen und Alten existieren, seit es Menschen gibt: Die Jungen sind den Alten zu laut (die Alten den Jungen im Gegenzug zu fad), Gruppen von Jugendlichen auf öffentlichen Plätzen (die sich vielfach dort treffen, weil sie keine eigene Wohnung haben) wirken auf Ältere bedrohlich: Die Folge: Auseinandersetzungen, Streit - und so manche "blöde Anrede". Bis ein technischer Kopf und findiger Soundtechniker das "Mosquito Sound System" erfand: Einen Apparat, der unangenehme Töne in einem hohen Frequenzbereich von sich gibt. So hoch, dass es nur junge Menschen unter 25 Jahren hören - wer älter ist, ist schon zu terrisch dafür. Auf dass die Jugendlichen das Weite suchen - und die Alten unter sich bleiben. 

Im oberösterreichischen Attnang-Puchheim ist so ein Apparat am Schlosshof derzeit in Betrieb - und in Wien hatte ihn ein Sexshopbesitzer installiert, weil Gruppen von Jugendlichen den zahlungskräftigen Kunden den Zugang zum Pornoempel verstellten. Dem Wiener Kinder- und Jugendanwalt Anton Schmid gelang es vor Kurzem, den Intimwarenverkäufer davon abzubringen - wozu Schmid noch nicht ausreichend gratuliert worden ist. 

Weil ein solches "Jugendabwehrsystem" die Vertriebenen in ihren Rechten verletzt, ihre Freizeit nach Belieben an öffentlichen Orten zu verbringen. Und zum Beispiel nach dem Wiener Jugendschutzgesetz bekämpfbar ist. Dessen Artikel 7 verbietet Maßnahmen, die die körperliche und seelische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen gefährden. Etwa das Wohlergehen eines Babys im Kinderwagen, das im Unterschied zu seiner - sagen wir - 30-jährigen Mutter das Mosquito-Gepfeif hört und elendiglich brüllt. 
Und - außerdem - was soll diese ganze Pfeifer- und Vertreiberei? Ist ein durchschnittlicher österreichischer Erwachsenen heutzutage nicht mehr fähig, Konflikte mit Jüngeren auszutragen? Ist er oder sie sich zu schade dafür? Offenbar, und das - mit Verlaub - verrät nicht Gutes über ein Land, dessen Bewohner, sobald es um die Zukunft der Pensionen geht, über die Überalterung klagen. 

Irene.Brickner@derStandard.at

Donnerstag, 6. August 2009

Chiemsee Reggae Summer 2009-Getränke billig zum Jubiläum wie noch nie – Umweltfreundliche Entsorgung














Fette Geburtstagsüberraschung! 

Zum 15-jährigen Jubiläum des Chiemsee Reggae Summer vom 14. bis 16. August werden die Besucher nicht nur mit einem exzellenten Musikprogramm rund um Peter Fox, Jan Delay und Hans Söllner verwöhnt. Auf dem Campingplatz werden sie erstmals mit einem unschlagbaren Angebot überrascht: Getränke für fast geschenkt! Beck's 0,5 l Dosenbier und Wasser 1,5 l für nur 1,- Euro, Coca-Cola 1,5 l für nur 2,- Euro sorgen für eine unvergessliche Geburtstagssause.

Und das alles schön gekühlt, und zwar rund um die Uhr. Vorbei die Zeiten der Schlepperei, des warmes Bieres und der überschäumenden Cola – das Mitbringen von schweren, ungekühlten Flaschen und Discount-Fusel lohnt sich nicht mehr! Was sind schon pappsüße Schädelsprenger, die den Musikgenuss verderben, gegen ein schönes gekühltes Beck’s Green Lemon in der Sommerhitze? Und es braucht niemand Angst zu haben, beim Festival zu verdursten. Getränkelieferanten sorgen Tag und Nacht für Nachschub, so dass das Angebot bis zur letzten Festivalminute gilt.

Um die Müllberge – statistisch hinterlässt jeder Besucher mehrere Kilogramm – zu reduzieren, werden Dosen und PET-Flaschen mit 0,25 Euro Pfand belegt. Den Einsatz bekommt man gegen Rückgabe der Dose/Flasche an den Müllannahmestellen zurück. Dosen und PET-Flaschen werden dann der Umwelt zuliebe sortenrein getrennt. Verpackungen von mitgebrachten Getränken können aus logistischen Gründen nicht angenommen werden.

Man kann das Getränkepfand – egal ob Flaschen, Dosen oder leere Becher – auch bei den Freiwilligen von Viva con Agua spenden und so Menschen in der dritten Welt helfen. Viva con Agua ist ein gemeinnütziger Verein und baut mit Euren Spenden Trinkwasserprojekte in Afrika.

Die „Feierlichkeiten zum 15-Jährigen“ auf dem weitgehend befestigten Gelände beginnen am Freitag um 17 Uhr mit dem Auftritt der Ohrbooten auf der Hauptbühne. Peter Fox, der Chefabräumer bei der Echoverleihung und dem Bundesvision Song Contest ist der Headliner am Sonntag, am Samstag übernimmt Hans Söllner diesen Part und am Freitag Jan Delay. Insgesamt werden über 70 Bands und Soundsysteme ihre Vibes verbreiten.

Das Kombiticket für drei Tage incl. Camping und Bahnanreise aus fast ganz Süddeutschland und Teilen Österreichs kostet wie schon seit Jahren 74 Euro plus 5 Euro Müllpfand – im Vergleich ein echter Schnäppchenpreis bei vielen Leistungen, die anderenorts extra bezahlt werden müssen.

 

Echte Dauerbrenner beim Chiemsee Reggae Summer sind Mellow Mark & Pyro Merz, die zusammen mit den Ruffcats in diesem Jahr einen Tag vor Festivalstart zur beliebten Cruise über den Chiemsee einladen.

Weiterführende Infos und Tickets: www.chiemsee-reggae.de

SKA/MB.